Der Siegeszug der Emojis – Und Keiner kann entkommen!

5 THESEN ZUR SMILEY-REVOLUTION

1. SIND SIE SPRACHPURIST? DANN MรœSSEN SIE LEIDEN!

Bekommen Sie noch Kurznachrichten ohne Emojis? Wahrscheinlich selten. AuรŸer Sie haben im Freundeskreis ausschlieรŸlich Germanisten, die sich entweder fรผr die deutsche Sprach-Leitkultur zustรคndig halten oder ein Nostalgie-Gen innehaben, das sie zum Lobpreis der vordigitalen Zeit drรคngt. 

Doch diese kleine Gruppe ist die Ausnahme, denn wir stecken alle unter der Emoji-Decke und mitten in einer Verรคnderung der Kommunikationskultur. Das persรถnliche Gesprรคch und auch Telefonieren ist out. Dagegen wird getippt oder gesprachnachrichtet, bis wir gegen den Laternenmast knallen. Der neue Schreibstil, der unsere Kurznachrichten prรคgt, hat den Charakter des persรถnlichen Dialogs und glรคnzt durch grรถรŸtmรถgliche Informalitรคt. Vor allem die junge Generation verstรถรŸt dabei bewusst gegen Sprachregeln und ist hierbei keineswegs (nur) dumm, sondern eventuell hochkreativ. Denn โ€žGehma Emoji_Beer โ€œ ist absolut verstรคndlich!

Gegenรผber steht die Norm. Das Hochdeutsch, der unverrรผckbare Fels der Sprachkultur. Bewegt sich dieser wie zur Zeit erheblich, wird der Untergang der Kultur prophezeit. Doch der Wandel ist unaufhaltsam und wir kรถnnen nur die kreativen Erweiterungen gutheiรŸen โ€“ und gegen tatsรคchliche Sprachverwahrlosung die Fahne hochhalten!

2. UNSERE DIGITAL NATIVES VERDUMMEN (WAHRSCHEINLICH!) TROTZDEM NICHT.

In einer Studie wurden Deutschaufsรคtze von Fรผnftklรคsslern mit deren ร„uรŸerungen im Internet verglichen โ€“ das Ergebnis: Die Schรผler wissen meist ganz genau, in welchen Texten Formalitรคt verlangt wird und wann sie Regeln brechen kรถnnen. Eine ganz andere Diskussion liefert jedoch der pรคdagogisch immer weiter verbreitete Ansatz, das die Rechtschreibung weniger wichtig ist als der Inhalt unserer Wunderkinder. Zurรผck bleiben hier leider orthographie-verwahrloste Menschen, die sich im weiteren Leben einfach nur schwertun werden. Doch zurรผck zur digitalen Schreibe: Es wird also je nach Medium intuitiv unterschiedlicher Sprachstil eingesetzt und Rechtschreibfehler bleiben hier nรคhmlich genauso dรคmlich:

Im Digitalen wird hรถchst umgangssprachlich, in verkรผrztem Telegrammstil, manchmal bewusst im Kiezdeutsch โ€žTreffen wir uns Bahnhof?โ€œ โ€“ und eben gewรผrzt mit Emojis kommuniziert, wobei sich die Einsatzhรคufigkeit je nach Geschlecht unterscheidet (Quelle: Sรผddeutsche Zeitung):

3. WER KEINE EMOJIS BENUTZ, GILT ALS HARTER HUND.

Haben Sie es schon einmal konsequent versucht, Kurznachrichten ohne Emojis zu bestรผcken? Aus eigener Erfahrung: Es fรคllt immer schwerer, hier keine Irritationen zu erzeugen. Wer seine Nachricht mit normalen Satzzeichen bestรผckt, wirkt fรถrmlich und es gelingt kaum, die gewรผnschte Nรคhe zum Adressaten herzustellen. Es scheint, wir trauen uns nur noch die richtige Deutung der eigenen Nachricht zu, wenn sie mit Bildern garniert ist. Mimik, Gestik und Tonfall, die im persรถnlichen Gesprรคch vermitteln, wie die Aussage gemeint ist, werden beim digitalen Schreiben durch Emojis ersetzt. Meist verstรคrken die Emojis die Aussage, z.B. wenn ich zu einem โ€žecht traurigโ€œ ein weinendes Gesicht hinzufรผge. Oder sie zeigen auf: โ€žHaallo! Meine Aussage ist ironisch gemeint!โ€œ. Oder sie sind einfach aus SpaรŸ an der Freud eingesetzt, weil dann ist alles so schรถn bunt hier.

4. OBACHT IM BERUF โ€“ AUSSER SIE VERTRETEN DEN GRUNDSATZ: SEI SCHLAU, STELL DICH DUMM.

Treffen im Berufsalltag Mails mit Emojis ein, empfindet man das als unangebracht โ€“ fast genauso wie E-Mail-Signaturen, die in der Comic Sans gesetzt sind. Es beschleicht einen das Gefรผhl, der Absender kann nicht ganz ernst genommen werden. Die israelische Ben-Gurion-Universitรคt bestรคtigt das in der Studie mit dem schรถnen Namen โ€žThe Dark Side of a Smiley. Effects of Smiling Emoticons on Virtual First Impressionsโ€œ: Smileys signalisieren Inkompetenz! Und Personen, die Mails mit Emojis erhalten hatten, schreiben weniger faktenreich zurรผck. Warum auch, wenn man den anderen fรผr einen Dummy hรคlt.

5. EMOJIS IM MARKETING SIND WAS FรœR Kร–NNER

In der Social-Media-Kommunikation von Consumer-Marken mit jungen Zielgruppen sieht man, wie etabliert die neue Sprachform bereits ist. Geschriebener Text wird ergรคnzt und emotional dekoriert.ย  (Quelle: Instagram: dm_deutschland).

Eine Studie beweist sogar, Instagram-Beitrรคge, die mit Emojis versehen sind, bekommen 17% mehr Interaktionen. Aber: Je รคlter die Zielgruppe wird, umso mehr sinkt der Wert. Nicht unbedingt verwunderlich ist (siehe 1.!)

Drei Dinge muss man in der werblichen Kommunikation auf der Platte haben:

โ€ข Erstens Emojis kรถnnen missverstanden werden, 

โ€ข zweitens sind Emojis bisher erst bei einer bestimmten Zielgruppe populรคr und 

โ€ข drittens nervt ein รผbereifriger Einsatz. 

Das ist wie รผberall in der Kommunikation: Die Ansprache muss fรผr die Zielgruppe authentisch sein, sonst geht der Smiley nach hinten los.

Dazu kommt, wenn wir uns auรŸerhalb der gรคngigen Social-Media Netzwerke bewegen: Emojis sind geschรผtzt und jeder Anbieter hat sein eigenes Emojis-Set. Mรถchte man sie fรผr kommerzielle Zwecke einsetzen, muss man sich Lizenzen erwerben โ€“ oder selbst welche gestalten.

Und wo fรผhrt das alles hin? Das weiรŸ niemand. Im Moment sind Emojis ein zusรคtzlicher Bestandteil unseres Sprach-Baukastens, aber ob sie langfristig รผberleben, weiรŸ niemand. Vielleicht sind sie bald so antikquiert wie ihre Vorlรคufer, die Emoticons ;-). Doch sie werden vermutlich nicht verschwinden, sondern eine technische Weiterentwicklung erfahren.

(In eigener Sache: Die Autorin hat sich bisher im Privaten dem Gebrauch von Emojis hartnรคckig widersetzt, doch sie wird langsam weichgekocht … )