Von Robert Kainz:
Ein Gefühl von Wehmut legt sich auf die Seele langgedienter „Werbedinos“, wenn sie sich der Zeiten erinnern, in denen ein Handschlag Protokoll und Vertrag in einem war, in denen das Wort VERLÄSSLICH noch Gewicht und Bedeutung im täglichen Geschäft hatte und Entscheidungen direkt und unmittelbar am Tisch getroffen wurden.
Wie erfrischend waren diese Zeiten, in denen keine Berufsanfänger mit BWL-Studium – Schwerpunkt Marketing – Ansprechpartner für die Agentur waren, in denen das Gegenüber auf Kundenseite die Agentur als Partner in gemeinsamer Mission begriff und nicht als Lieferant und Erfüllungsgehilfe von theoretischen Marketingmodellen.
Wie effizient und konstruktiv waren die Zeiten, in denen nicht wegen jeder neuen Visitenkarte gepitcht wurde (am besten kostenlos, versteht sich), sondern stattdessen – basierend auf einem fundiertem Briefing – Lösungen erarbeitet wurden, die nicht wie heute allzu oft durch endlose Abstimmungsschleifen weichgespült werden.
Wie erfrischend war es, eine Entscheidung direkt im Meeting zu bekommen und nicht wie heute Wochen zu warten, bis eine die eigene Position schriftlich absichernde Aussage erlangt werden kann. War es früher (ich weiß, es hört sich verdammt nach „von gestern“ an!) die Regel, dass der Gesprächspartner seine getroffene Entscheidung mit einem spürbaren Händedruck besiegelte, so ist es heute ein langwieriges Absichern über alle Unternehmens-Hierarchie-Ebenen hinweg, an dessen Ende umfangreiche schriftliche Vereinbarungen stehen, die häufig mehr einengen als kreativen Spielraum lassen.
Wie erfrischend war es, am Tisch eine spontane Reaktion auf das Präsentierte zu bekommen – statt eines Pokerfaces oder hilflos suchender Blicke in Richtung des vermeintlichen Entscheiders. Wie belebend war es, sich mit einem Patriarchen zu fetzen, der dieses Wortgefecht als ebenso belebend empfand, der Offenheit und Ehrlichkeit schätzte und diese selbst praktizierte. Keine Worthülsen und Plattitüden, keine heiße Luft, sondern Fakten und unmissverständliche Statements waren die Regel. Und das, was damals die Ausnahme war, ist heute leider die Regel: nichtssagende Floskeln und nicht klar zu deutende Vorstellungen davon, was anders sein sollte, warum und wie es anders sein sollte.
„Jammern hilft doch nicht!“ kann man an dieser Stelle resümieren. Und nein, es hilft in der Tat nicht dabei, diesen Trend abzuwenden. Aber man kann und muss sich selbst und der wertgeschätzten Handschlagsqualität und -mentalität treu bleiben. Man kann weiterhin zu den Menschen gehören, deren Händedruck nicht nur ein physischer Vorgang ist, sondern eine Geisteshaltung widerspiegelt. Und sollten Sie einmal mit mir ins Geschäft kommen, können Sie meinen Handschlag als das begreifen, was er seit Jahrzehnten ist: ein absolut zuverlässliches Statement. Hand drauf!